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Alexander Sergejewitsch

S c h r i f t s t e l l e r

Hélène Das Geheimnis der Falschen Mona Lisa II

 ISBN-13: 9783746081953[Softcover]
[auch als E-Book]

Eine Liebesgeschichte um ein verschollenes Gemälde

Erotischer Künstlerroman  332 Seiten  2018

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Titelfoto: © George Mayer, Russische Föderation, Lizenz über Fotolia Bildagentur / Abgebildetes Fotomodell steht in keinerlei Zusammenhang mit dem Inhalt dieses Romans“Viel unterwegs war ich und Gaststipendiat der Villa Massimo, wo ich über Michelangelo´s Leben schrieb: »Michelangelo im Brennspiegel des Rinascimento«. Mein zweites Buch, das mich hoch katapultierte. Immer wieder besuchte ich die Sixtinische Kapelle, um über die Fresken etwas herauszufinden, was mir meine These bestätigen sollte. Und sie taten es! In Florenz war ich viel . . . und-und-und . . . “
“Ach, du weißt, dass mich das wenig interessiert. Du weißt, was ich hören möchte, nicht wahr? Warum drückst du dich um die Wahrheit? Warum spielst du Katze und Brei mit mir?”
“Du hast ja recht, Hélène! Ich weiß, was dich bewegt. Na ja, du meinst . . . ä-ä-ä . . . meine Studentinnen?”
“Ganz genau, »deine Studentinnen«!”
“Wenn ich ehrlich bin, halte ich nicht viel von Affären mit Zöglingen, obgleich an der Sorbonne das kein Verbrechen ist. Wie überhaupt das nicht geahndet wird an welcher Hochschule auch immer, wenigstens soweit mir bekannt ist. Nathalie, das weißt du auch, hatte ich in Petersburg an der Akademie kennengelernt und mich Hals über Kopf in sie verliebt. Und was ist daraus geworden? Irgendwann lernte sie diesen sonderbaren Marquis kennen, ein wirklich enigmatischer Kerl, ich weiß nicht einmal wie er heißt, hatte ihn auch kein einziges Mal zu Gesicht bekommen, bis sie einfach auf und davon ist, durchgebrannt eben. Und dann, nachdem sie sich herabgelassen hatte, mit mir wieder zu sprechen, kam die Scheidung. Offen gestanden, sie war nur auf mein Geld aus! Frauen prostituieren sich, das liegt in eurer Natur! Und das ganze Papperlapapp von Emanzipation und dieser Deutschen, wie heißt sie nochmal, diese Boulevardhure, ich komm´ jetzt nicht d´rauf, und all dieser fromage, daran glauben doch nur irgendwelche Xanthippen, doch keine wahren Schönheiten wie du eine bist! Ein paar Liasons hatte ich hier an der Sorbonne, so mit einer Schülerin aus Brügge - man hat mittlerweile einen Damm im Meer errichten und das städtebauliche Kulturerbe retten können - na ja, sie war gerade achtzehn geworden, blutjung, na ja, ich hab´ zugegriffen, wie wir Männer eben sind. Ihr schlagt die Bettdecke auf und wir folgen euch, nehmen euch, schwitzen mit euch, leiden mit euch. Ihr zieht euch aus und wir halten euch frei. So ist das `mal! Das ist Gesetz! Und Emanzipation ist Illusion! Auf jeden Fall war ich froh, als das mit Brügge vorüber war, aber im Bett war die Kleine erste Klasse! Lieben vermochte sie wie eine läufige Hündin und genug konnte sie einfach nicht kriegen! Bekam den Hals nicht voll, dieses Lasterweib! Fesseln musste ich sie einmal, auf einem Thonet-Stuhl, splitternackt hockte sie da mit ihrem süßen Hintern auf der kalten Buchenholzplatte, nur mit einem sündhaft teuren Büstenhalter bekleidet, den ich ihr irgendwann kaufen musste, weil sie wie üblich ihre Migräne hatte, um sie zu trösten. Und geknebelt wollte sie auch werden von mir. Dreimal hintereinander war der Kanon und danach war Vorlesungsstunde angesagt. Die hat mich ganz schön rangenommen, das kann ich dir erzählen! Dreimal hintereinander! Ich weiß gar nicht mehr, wie ich das überhaupt hinbekommen habe, nach all den intellektuellen Strapazen an unserer ehrwürdigen Universität. Na ja, dann war Vorlesungsstunde, über Caravaggio musste ich ihr ständig was erzählen, und weshalb Caravaggio sich selbst malte in seiner »Enthauptung des Holofernes« und so fort. Mann, war die scharf! Scharf wie ein Messer! Mit einer Eins in der Abschlussprüfung quittierte ich ihre Dienste auf der Matratze. Danach wollte sie promovieren bei mir, lehnte ich aber ab. Das schien mir dann doch etwas zu weit zu gehen. Denn so talentiert wie im Bett, war sie keinesfalls in der theoretischen Lehre, ich meine, was die Geschichte der Kunst anlangt. Ich bin zwar korrupt, aber so korrupt auch wieder nicht, irgendwo hört der Spaß auf! Hat sie mir ziemlich übel genommen und Lügengeschichten verbreitet, von wegen, ich sei eine Niete im Bett und so. Das halbe Quartier wusste nachher Bescheid! Was heißt Bescheid? Bescheid über Lügen, nichts als Lügen! Seitdem ich über Bernardo von Palermo habilitiert habe, weiß ich, was Können und Moral sind. Alles hat seine Grenzen! Promovieren bei mir dürfen nur diejenigen, die über genügend Intellektualität und historische Intuition verfügen, und nicht deshalb, weil man es versteht, die Beine breit zu machen. Verzeih mir, cherie, meine Offenheit! Aber das Wenigste im Leben ist wahrhaftig!”
Dann verschwand die Welt um ihn herum erneut für einen Augenblick, weil er die Glocken wieder zu hören vermeinte, von dort drüben, von der Insel der Seligen.
“Da musst du dich nicht wundern, wenn du mit kleinen Mädchen ins Bett gehst, die nichts im Kopf haben. So etwas rächt sich eines Tages, und falls diese jungen Dinger sich nicht mehr zu helfen wissen, dann erfinden sie irgendwelche Phantastomorgien, nur um ihre primitiven Instinkte zu befriedigen.”
“Sag´ `mal ehrlich, wo hast du solange gesteckt?”
“Ach, Bérnard, wir wollten doch darüber nicht sprechen, wenigstens jetzt nicht. Na gut, ich hatte jemanden kennengelernt. Eines Tages betrat er unsere Parfümerie und erkundigte sich nach »Saint Raspoutine«, irgend so ein Duft aus Petersburg. Es sei ein Geschenk für seine Frau. Und irgendwie kamen wir dabei ins Gespräch, über Gott und die Welt. Anfangs wusste ich gar nicht, was er wollte, fand den Duft nicht, doch nach längerem Suchen hielt ich ihn schließlich in den Händen. Spontan verabredeten wir uns für den nächsten Tag, in den Tuilerien, irgendwann im Herbst. Und dann erzählte er mir von Anastasia, seiner Frau, und dass sie schwer erkrankt wäre. Sie litte unter einem Kopftumor. Eine letzte Reise plane er mit ihr, weil sie bald sterben müsse. Die letzten Tage wolle er mit ihr auf der Ile de Bréhat verbringen. Na ja, zwischen uns war rein gar nichts zu jener Zeit. Einfach nur so, wie das Leben spielt. Doch später erhielt ich einen Anruf von ihm, er nannte sich im Übrigen Alessandro, und würde in einem Ingenieurbüro außerhalb von Paris arbeiten. Er erzählte mir, dass seine Frau gestorben wäre, und er jemanden bräuchte, mit dem er darüber reden könne. Na ja, wir trafen uns erneut in den Tuilerien, und dann hat es irgendwie Klick gemacht. Im darauffolgenden August reisten wir nach Barcelona und hatten eine wunderschöne Zeit. Ihm schien es wirklich scheußlich zu gehen und irgendwie tat er mir leid, weshalb es dazu kam, was ich anfangs überhaupt nicht wollte, ich meine, dass ich mich auf ihn eingelassen habe. Er verdiente gut, mehr als genug, und besaß mehrere Wohnungen, eine davon in Moskva, wohin wir öfters flogen und das Wochenende verbrachten. Obendrein sah er gut aus. Ich weiß nicht, was mich damals geritten hatte, weshalb ich ihm auf den Leim gegangen bin. Denn es dauerte lange, bis ich dahinter kam, dass er noch andere Frauen hatte, und die Geschichte mit seiner krebskranken Gattin nur eine Masche war, um mit mir in Kontakt zu kommen. Im Grunde genommen war er ein richtiges Schwein!”
“Erzähl´ weiter, Hélène! Wie ging´s weiter, Hélène?”
“Na ja, er war ein Waffennarr, wenn du weißt, was ich meine. Über eine komplette Sammlung alter Duellpistolen verfügte er. Regelmäßig nahm er an geheimen Treffen teil, was selbstverständlich verboten ist. Doch können einige nicht die Finger von diesen tödlichen Spielen lassen, suchen irgendwelche entlegenen Orte auf, um sich gegenseitig zur Strecke zu bringen. Es sind Logen, denen sie angehören, Geheimbünde. Ja, und eines Tages, als wir uns wieder einmal heftig gestritten hatten, und ich ihm eröffnete, ihn verlassen zu wollen, drohte er mir, mich umzubringen. Ich fasste das als einen Scherz auf, nichts weiter. Gerade auch deshalb, weil man vieles, was er von sich gab, nicht für bare Münze nehmen konnte. Doch dann, als er mich bat, ihn zu besuchen - er hatte ein Appartement auf Montmartre - ist es dann passiert!”
“Was ist passiert? Was-was-was?”
“Hör´ doch `mal zu! Hab´ doch Geduld!”
“Was-was-was, Hélène?”
“Kaum hatte ich die Türe hinter mir zugeschlagen, als er auch schon mit einer seiner Duellpistolen dastand und auf mich zielte!”
“Das ist ja Wahnsinn! Das ist ja der nackte Wahnsinn! Ich hatte es dir ja immer gesagt, dich immer wieder gewarnt! »Sieh´ dich vor, Hélène!« Habe ich dir das nicht oft genug gepredigt? »Hab´ Acht mit deinen Rendezvous!« Aber das einzige, was du meintest, dass ich nicht richtig sei im Kopf, nur weil ich dir geschrieben hatte, ich hätte das zweite Gesicht. Ich wusste es, ich habe es immer gewusst, dass eines Tages so etwas passieren würde! Ja, ich habe das zweite Gesicht, gehöre ich deswegen auf die Ledercouch? Ich bin nicht bloß Professor, sondern auch Romancier, na und? Damals hattest du mich für nicht ganz normal gehalten und gabst mir zu verstehen, ich täte dir nicht gut, nicht wahr, Hélène? Mach den Mund auf! Hatte ich recht oder nicht?”
“Ich weiß, Bérnard, aber so jemand wie du war mir vorher noch nicht über den Weg gelaufen, weshalb ich dir nicht traute und dachte, mit dir stimmte irgendwas nicht. Es tut mir leid!”
“»Es tut mir leid! »Es tut mir leid!« Dabei bist du selbst alles andere als durchschnittlich und reagierst mitunter vollkommen gegen den Strich, ich meine irrational, abseits jeder Logik! Wenn ich daran denke, als ich dich gebeten hatte, deinen bezaubernden Hut zu tragen - da ich davon ausging, du würdest mich begleiten ins Musée d´Orsay - wenn ich nur daran denke, wie du mich am Telefon abkanzeltest und fragtest, und das mit erboster Stimme, aggressiv eben wie du sein kannst, welchen Hut ich meinte, wo du diesen Hut so liebst und du ganz genau wusstest, auf welchen Hut ich anspielte, habe ich mich gefragt, ob bei dir noch alles stimmte! Ja, und dann?”
“Ich habe mich natürlich zu Tode erschrocken und dachte, nun wäre alles vorbei, ich müsse sterben! Seine Augen hättest du `mal sehen sollen, wie ein krankes Tier, der reinste Psychopath! Mein Glück war, dass es sich um eine sehr alte Pistole handelte, und er das Schwarzpulver falsch angemischt hatte, so dass der Schuss erst gar nicht losging, als er abdrückte. Völlig von Sinnen riss ich die Türe auf, stürzte ins Treppenhaus und, nachdem ich mich hatte in den Aufzug retten können, auf die Straße, wo ich erst `mal kräftig durchatmete. Tags darauf erstattete ich Anzeige bei der Gendarmerie. Der zuständige Beamte teilte mir aber mit, dass es einen Alessandro de Kandinsky nicht gäbe, so hieß er mit vollem Namen, wenigstens schimpfte er sich so. Sie untersuchten den Fall, fuhren zu dem Haus, doch fanden weder diesen Namen noch das Appartement, wo er mich umbringen wollte. Eine merkwürdige Geschichte. Noch lange danach habe ich in ständiger Angst gelebt, er wolle mir auflauern und dann sein Vorhaben, mich ins Jenseits zu befördern, realisieren. Ich bin ja so froh, dich wiederzusehen, mon cheri!”
“Und jetzt erwartest du, dass ich dir das alles verzeihe?
O Hélène!
Böse Hélène!
Wenn ich dich nicht so lieben würde!”
Dann bestellten sie noch jeder eine Tasse Heiße Schokolade.
Regen kam auf.