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Alexander Sergejewitsch

S c h r i f t s t e l l e r

Rückenakt einer aus dem Wasser steigenden Nymphe I

Cinquième Scène

22. August

„Ja, Natascha, so ist es genau richtig! Einen entzückenden Po hast du, aber das weißt du ja auch selbst, mein Engel, nicht wahr?“ rief der Maler vom Gerüst, während er in der einen Hand seine Palette balancierte und in der anderen einen Pinsel mit Tempera schwang.
Seine Geliebte stand pudelnackt auf einem Podest in der Mitte des Saals und streckte ihm den Hintern zu.
„Natürlich hast du auch einen entzückenden Rücken, wenn ich das noch hinzufügen darf!“
„Du darfst, Bernardo!“ antwortete sie und schaute hinaus auf den von der Sonne befluteten Balkon, wo die Schatten von Zweigen einen Reigen tanzten.
Jetzt sah er ihren prachtvollen Hintern, wie er im morgendlichen Gegenlichte zunehmend an Plastizität gewann, was ihn in die ideelle Ekstase trieb.
Ja, dieser neue Tag mit dieser neuen Sonne war ein Tag, vor dem sich alle kreativen Geister verneigen, denn die Inspiration ist eine Libelle. Sie kommt, setzt sich auf die Stirn des Meisters und fliegt davon, wann immer sie will. Und heute war ein solcher Libellentag! Heute brächte er das zustande, weshalb er sie aus Nizza weggelockt hatte. Er schaute auf denselben göttlichen Po, auf den er bereits in Dornenland geschaut hatte, als sie gleich Kalypso aus dem Wasser gestiegen und dann, nachdem sie sich von seiner Hand gelöst hatte, die Böschung hinauf gelaufen war. Auch dort, an jenem Märchensee, hatte die Sonne ihre Blöße in Gegenlicht getaucht und unseren damals noch jungen Maler geblendet. Ja, damals hatte ihn dieser russische Virus infiziert und in den seelischen Gulag verfrachtet. Wie sehr glücklich war er nun, seine Penelope wiedergefunden zu haben! Gab es ein größeres Glück für einen Künstler? In all den Jahren war er umhergeirrt wie Odysseus und endlich nach Ithaka zurückgekehrt. Jetzt wusste er auch, dass Paris nicht nur auf ihn wartete, sondern dass er dort gefeiert werden würde! Er wusste, dass er es schaffen würde, was er sich vorgenommen hatte zu schaffen, wie einst Michelangelo sich vorgenommen hatte, die >Schöpfung< auf den sterblichen Putz der Sixtinischen Kapelle zu bannen, wie einst Leonardo sich dazu durchgerungen hatte, das >Abendmahl< auf die fromme Wand des Refektoriums von Santa Maria delle Grazie zu zaubern. Er wusste, dass seine Arbeit, obgleich er sie vor Kurzem erst in Angriff genommen hatte, dem Fass den Boden ausschlagen würde. In die Légion d'honneur würde man ihn aufnehmen! Doch nicht genug damit! Der Präsident würde ihn gar zum Mitglied der Académie Française ausrufen!
Der warme Wind von gestern fegte wieder durch den Raum und streichelte ihre Grazie. Jedes Mal, wenn er um ihre Hüften strich, spürte sie ihre Nacktheit und das schürte die sinnliche Flamme in ihr!

 

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